Das Original: Der deutsche Panzerkampfwagen VI Tiger war im zweiten Weltkrieg ein beeindruckendes und gefürchtetes Kampffahrzeug. Als dann das Nachfolgefahrzeug aufkam, wurde in Tiger I und Tiger II unterschieden, obwohl der Tiger II eine Neuentwicklung war und schon äußerlich nichts mehr mit dem Tiger I gemeinsam hatte. Der Tiger II wurde auch als Tiger B oder Königstiger bezeichnet, worum sich heute noch die Gelehrten streiten, wann, wo und wie der Name Königstiger entstand. Der fast 70 Tonnen schwere Panzer war mit einer 8,8 cm KwK 43 mit 71 Kaliberlängen, einem 7,62 mm Bug-MG, einem 7,62 mm koaxialem MG und einem Fla-Mg bewaffnet. Die abgeschrägte Panzerung war an der stärksten 185 mm stark und konnte den meisten damaligen gegnerischen Panzerabwehr- und Panzerkanonen widerstehen. Die ersten 50 Panzer wurden noch mit einem Turm mit gerundetem Bug ausgestattet, weil diese bereits zur Verfügung standen, spätere Türme hatten einen gerade Front. Die Türme wurden zwar von Krupp entworfen und gebaut, aber die ersten 50 wurden von Porsche bestellt, die späteren von Henschel, daher weiß auch heute noch jeder Modellbauer, welcher Panzer gemeint ist, wenn von Porsche- und Henscheltürmen die Rede ist. Der Tiger II wurde zuerst an der Westfront in der Normandie eingesetzt, später dann auch an der Ostfront. Mit der langen 8,8 cm Kanone konnte er gegnerische Panzer bekämpfen, bevor diese ihre Kampfentfernung erreichten. Die schwere Panzerung und das damit verbundene hohe Gewicht brachte Nachteile wie geringe Geschwindigkeit, hohen Kraftstoffverbrauch und mechanische Anfälligkeit mit sich, welches dazu führte, dass Fahrzeuge wegen Getriebeschäden und Kraftstoffmangel aufgegeben und von der Besatzung zerstört wurden. Heute gibt es nur noch wenige Exemplare in Museen, eines davon (in Saumur) noch fahrbereit. Der Bausatz: Rye Field Models hatte vor etlichen Jahren an der Welle der neuen Panther teilgenommen. Scheinbar hat man sich aus diesen Erfahrungen heraus den anderen den Vortritt gelassen und den Tiger II bis jetzt aufgespart. Dafür bringt man ihn gleich zweimal auf den Markt – als Standard Version und als Upgrade Version. Beide Versionen teilen sich die Grundteile wie Wanne, Turm und Laufwerk und unterscheiden sich z.B. bei der Auslegung der Ketten und der Kettenschürzen. Ein Blick auf die Wannenteile und das Turminnere lässt ahnen, dass da noch mehr kommen könnte. Der Stülpdeckelkarton zeigt ein in Grautönen gehaltenen Panzer mit Hinterhalttarnung auf einem Waldweg (in den Ardennen?). An einer Seite sind Baudetails (verschiedene Kanonenblenden, offene oder geschlossene Luken, Motordeckauslegung) zu sehen, auf der anderen eine Bauteilübersicht und Laufwerks- und Kettendetails. Der Karton ist 375 x 240 x 100 mm groß und enthält zehn sandgelbe Spritzlinge, einen Klarsichtspritzling, einen schwarzen Vinylspritzling, Unterwanne, Turmschale, eine Kettenlehre, eine Metallfeder, eine Fotoätzteil-Platinen, ein Stück Schnur, kleines Decalblatt und die Bauanleitung. Da es sich bei meinem Muster um einen Bausatz der ersten Charge handelt, sind zusätzlich eine gedrehtes Metallrohr und eine 3D-gedruckte Mündungsbremse aus Resin dabei. Die Spritzlinge sind einwandfrei, die Teile ohne Versatz oder Sinkstellen. Details sind scharf und gut herausgearbeitet. Es gibt einige sichtbare Auswerferspuren, aber sie befinden sich auf Innen- und Unterseiten von Teilen und können größtenteils ignoriert werden. Auch der Vinylspritzling ist sehr sauber ausgespritzt, ohne Fischhäute und mit sehr scharfen Details, die man bei dem weichen Material vielleicht nicht so erwartet. Die Klarsichtteile (hauptsächlich Winkelspiegel) machen ihrem Namen alle Ehre – kristallklar und ohne Fehler. Die Unterwanne kommt zwar in einem Stück, aber mit zusätzlichen Seitenwänden innen und Motortrennwänden, die gewisse Details aufzeigen, die ahnen lassen, dass eine Version mit vollständiger Inneneinrichtung folgen wird. Schwingarme, Drehstabfedern und Schwingarmanschläge vorn und hinten kommen als separate Teile und versprechen ein federndes Laufwerk. Die Laufrollenpaare bekommen vor dem Zusammensetzen Polyestermuffen, die die Drehbarkeit der Räder gewährleisten. So auch die Spannräder und die Antriebsräder. Die Besonderheit der Antriebsräder ist, da sie aus separaten Felgen und Zahnkränzen bestehen, welches Wartungs- oder Reparaturszenen ermöglicht. Bei der den Zahnkränzen hat man die Wahl zwischen vier verschiedenen Typen, je 2x mit 9 Zähnen, je 2x mit 18 Zähnen. Sogar die Seitenvorgelege haben ein Innenleben in Form von beweglichen Zahnrädern (die man aber nach Zusammenbau nicht mehr sieht). Man bekommt also ein vollbewegliches, federndes Laufwerk, wenn da nicht die, zwar super detaillierten je Seite gespiegelten Ketten wären, die als Segmentketten mit Einzelgliedern für die Rundungen daherkommen. Will man die Beweglichkeit des Laufwerks für die Anpassung an ein Geländediorama ausnutzen, müsste man die Segmentketten gegen die von Rye Field Model RM-3026 (oder eines anderen Herstellers) separat erhältlichen Einzelgliederketten austauschen. Auf alle Fälle liegt eine Kettenlehre bei, mit deren Hilfe man den korrekten Kettendurchhang herstellen kann. Die Kettenschürzen bestehen, abgesehen von den vorderen und hinteren Schmutzfängern, aus je einem Teil pro Seite. Man kann die Schürzen auch komplett weglassen, denn die Anschlagbleche sind separat dabei, so dass es auch ohne Schürzen natürlich aussieht. Wer nur Teile der Schürzen anbauen möchte, kommt um aufwändige Schnitzarbeiten nicht herum, wenn er sich nicht den ebenfalls separat erhältlichen Fotoätzteilsatz RM- 2080 von Rye Field Model anschaffen möchte. Die Außenbordwerkzeuge haben bereits angegossene Halterungen, die aber teils mit Öffnergriffen aus Fotoätzteilen und im Falle der Abschleppseile mit winzigen Flügelmuttern ergänzt werden. Die Abschleppseile werden aus der Schnur auf Länge geschnitten und mit Seilkauschen aus Plastik versehen. Das Kettenaufziehseil B1 gibt Rätsel auf. Es ist im Bausatz enthalten und taucht in den Bauschritten 15 und 30 auf, aber die Montage ist nirgendwo erwähnt und in den Bemalungsanleitungen ist es wieder nicht mehr zu sehen. Das Heck bietet Gestaltungmöglichkeiten. Man hat die Wahl zwischen verschiedenen Aufpuffaustrittspanzerungen. Zudem kann man die inneren Verschraubungen der Panzerungen entfernen, um dort eine Schlepphalterung anzubringen. Die aus dem Heck austretenden gekrümmten gegossenen Auspuffrohre haben eine sehr schöne Gussstruktur, dass es fast schon wieder schade ist, sie hinter den Panzerungen zu verstecken. Der Bug bekommt wie die Seitenteile ein Innenfutter zur Darstellung der wahren Panzerdicke. Das Bug-MG in der Kugelblende kommt mit allen Innendetails und dem korrekten Panzerrohr statt dem sonst üblichen gelochten Rohrmantel. Auch ist ein PE-Kettchen mit dem Verschlussstopfen der Kugelblende dabei. Der einsame Boschscheinwerfer kann mit Tarnblende oder nur mit geriffeltem Scheinwerferglas gebaut werden. Die Wannendecke besteht aus mehreren Teilen. Die Kampfraumdecke mit der Turmöffnung und Fahrerraumdecke mit extra Platte für den Fahrerraum ist ein großes Teil. Die Fahrer- und Funkerluken können offen oder geschlossen dargestellt werden. In der Turmöffnung ist deutlich und scharf der Zahnkranz des Turmdrehringes zu sehen. Das Motordeck besteht aus 7 Hauptteilen, die auf den Rändern der Wanne und den innenliegenden Motortrennwänden aufliegen. Auch hier hat man die Wahl zwischen Luftöffnungen nur mit Gittern aus Fotoätzteilen oder mit zusätzlichen Panzerplatten gegen Luftangriffe. Zudem kann man auch über den vorderen Gittern anstelle der Panzerplatten zusätzliche Rahmen mit PE-Gittern anbringen. Der Turm besteht aus Außen- und Innenschale mit zusätzlichen Innen- und Außenpanzerung der Turmfront. Die Kanone kann mit allen Innendetails (Verschlussblock, Verschluss, Rohrbremsen, Abweiser, koaxiales MG) gebaut werden, auch wenn man später nicht mehr viel davon sieht. Dies und die Gestaltung des Turmbodens deutet aber auch wieder auf eine zukünftige Inneneinrichtung hin. Der außen sichtbare Teil des Rohres besteht aus einem Teil (keine zwei Hälften) und einer vierteiligen Mündungsbremse, beides für Plastik sehr gut gestaltet. Mittels einer Feder könnte man das Rohr wie beim Schuss beweglich machen oder mit einer Plastikhülse in vorderer Stellung fixieren. Bei der ersten Charge dieses Bausatzes liegt aber auch noch ein Kanonenrohr aus gedrehtem Aluminium und eine 3D-gedruckte Mündungsbremse bei, die man für noch bessere Detaillierung verwenden kann. Es gibt zwei Topfblenden zur Wahl, leider ohne Angabe, für welche Version welche verwendet wird. Die Kommandantenkuppel besteht aus nicht weniger als 29 Bauteilen ohne das 5-teilige Fla-MG! Beim Turmlüfter hat man die Wahl zwischen einfacher Deckplatte und einem verstärkten Deckel mit Flügelschrauben. Die Nahverteidigungswaffe ist vollständig vorhanden und kann offen oder verschlossen angebracht werden. Ladeschützenluke und Turmheckklappe sind beidseitig detailliert und können offen oder geschlossen angebracht werden. Außen am Turm werden Haken für je Seite 6 Ersatzkettenglieder angebracht. Es gibt einen winzigen Naßschiebebilderbogen. Der Trägerfilm ist angenehm dünn. Die Naßschiebebilder sind matt/seidenmatt mit wenig Trägerrand. Enthalten sind zwei verschiedene Turmnummern (552, 553), Balkenkreuze und Bedienanleitungen der Feuerlöscher. Damit kann man die folgenden 4 Bemalvarianten aus den späten Tagen des 2. Weltkrieges darstellen: - Turmnummer ohne, s.SS. Pz.Abt. 503, 2nd Company, Danzig, Deutschland, April 1945 in 3-Farb Hinterhalttarnung Die Bauanleitung hat 18 Seiten (eigentlich 20, aber die letzten zwei Seiten sind blank!) und startet mit Symbolerklärungen und Hinweisen zur sicheren Arbeit in Chinesisch und Englisch. Auf der nächsten Seite folgt die Teileübersicht, gefolgt von 30 Bauschritten, die immer wieder Hinweise auf Optionen enthalten. Hilfreich finde ich die roten Markierungen, die angeben, wo Klebstoff aufgebracht werden soll. Die Erklärungen zur Bemalung und Anbringung der Naßschiebebilder für vier Fahrzeuge liegen als farbiges Extrablatt bei. Turmnummer 553 findet keine Erwähnung. Ein wahrlich toller Bausatz. Gute Details, einfach zu bauende Ketten, aber auch teilweise sehr Teile lastig, was zwar viel Bastelspaß bringt, aber auch Zeit kostet. Dieser Tiger verdient den Zusatz König!
|